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Najjar & Najjar Architects

Founder: Karim Najjar, Rames Najjar

Founded: 1999

City: Vienna, Stuttgart, Beirut

Web: Najjar & Najjar Architects

Rendering: Najjar & Najjar Architects

Seit seiner Gründung 1999 durch die beiden Brüder Karim (1965) und Rames Najjar (1967) hat das Büro Najjar & Najjar Architects eine eigene, unverkennbare Architektursprache entwickelt. Sie gründet auf einer Synthese aus Forschung, experimenteller Forschung/Architektur und praktischer Anwendung. Najjar & Najjar stehen für Vielfältigkeit, in der ein internationales Team aus Architekten und Ingenieuren seine Begeisterung für Design und Forschung teilt. Vielfältig und individuell sind auch die Projekte, die von Villen über Yachten bis hin zu öffentlichen und Industriebauten reichen. Die Arbeiten des Büros wurden international mehrfach ausgezeichnet; Werke und Kinematische Installationen wurden in Berlin Paris, Beirut Tokio und auf der Expo 2017 in Kasachstan ausgestellt - weitere Ausstellungen folgen. Als Reaktion auf die globalen Entwicklungen stellen sie sich gesellschaftlichen Herausforderungen und entwickeln „schwimmende Strukturen", um die Meere als Energiequelle und Wohnraum zu nutzen. Ebenfalls seit einigen Jahren setzen sie Public Interest Design-Projekte um. So ermöglichen erste, erfolgreich umgesetzte Schulprojekte Flüchtlingskindern in Krisengebieten Zugang zu Bildung.

Najjar & Najjar Architects bei architektur in progress:

Werkvortrag | 23.11.2010
Werkvortrag | 10.11.1999


 

Architektur und Meer
25.19.2021| Isabella Marboe

Karim und Rames Najjar greifen nach den Sternen: Sie wollen Bewegung in die Architektur bringen. Bisher gelingt ihnen das ganz gut. Die beiden Brüder sind im Libanon aufgewachsen, haben an der TU Wien ihre Architekturstudien abgeschlossen. Unter dem Titel „On Wings and Vessels“ wird Rames im Rahmen von architektur in progress einen Vortrag halten: 21. September im Büro von querkraft am Börseplatz 2, 1010 Wien

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Rames und Karim Najjar sind im Libanon aufgewachsen. „Wir sind beim Meer aufgewachsen,“ sagt Rames stellvertretend für beide. „Wir hatten immer einen weiten, offenen Horizont.“ Den haben die Brüder bis heute, ihre Architektur strebt nach Entgrenzung und greift nach den Sternen. Najjar Najjar wollen eine genuin statische Disziplin in Bewegung bringen, ohne dass sie deshalb ihren bergenden Charakter aufgeben müsste. Das gelingt ihnen auch. Boote - gleichermaßen die Synthese von Raum und Bewegung – faszinieren sie besonders. „Boote haben eine sehr ausgeklügelte Form, die das Wasser verdrängt,“ sagt Rames Najjar. „Der Kiel eines Segelbootes überwindet die Natur, indem er mit ihr mitgeht.“

Die Mutter war eine deutsche Künstlerin, der Vater ein Bauingenieur, die Synthese der elterlichen Herkünfte und Einflüsse war offensichtlich die Architektur. Das erste Projekt von Rames war ein Haus am Meer, das Modell war aus Gips. Beide Brüder studierten an der TU Wien fertig – etwa in der Mitte der 1990er Jahre, als Jan Turnovsky, Helmut Richter und William Alsop einen frischen Wind in die verkrusteten, hierarchischen Strukturen brachte. Das Diplom von Rames Najjar war ein Gebäude im Wattenmeer, das auf Ebbe und Flut reagiert, das von Karim Najjar ein drachenartiges Flugobjekt namens Flarke. Als erstes Projekt im Büro realisierten sie den sogenannten BUG für den steirischen Herbst. Dieser gelenkig gelagerte, turmartige Raum für eine Person konnte von unten erklettert werden und folgte der Bewegung des Menschen.

Die Küstenlinie von Beirut ist heute derartig stark privatisiert, dass die heimischen Fischer zwischen lauter exklusiven Villen und Ressorts kaum Platz finden. Sie werden vom Kapitalismus weggespült. Das Projekt IRIS von Najjar Najjar schafft den Fischern wieder einen Zugang zum Meer. Es ist eine kinematische Struktur aus Holz und Stahl, die auf extrem dünnen, langen Beinen wie eine Heuschrecke auf den Felsen verankert ist und im Wasser aufsetzt. Ihre dreieckigen, flügelartigen Elemente generieren aus der Bewegung des Ozeans Energie. „Wir wollten damit ein Statement setzen und den Fischern, die dort verdrängt werden, etwas zurückgeben.“ Auf dieser Plattform lässt sich das Meer auch bei jedem Wind und Wetter ganz besonders erleben.

Experimente mit Materialien und Formen ziehen sich als einer von vielen roten Fäden durch die Arbeiten von Najjar Najjar. Das Studio arbeitet in Kooperation mit Ivan Tochev an einem patentierten Vakuumsystem, mit dem man freigeformte Betonschalungen herstellen, verformen und wiederverwenden kann. „Alles hängt mit allem zusammen,“ ist Rames überzeugt. Nichts geht verloren. Alle Erfahrungen, die in einen Entwurf, eine Studie, ein Gebäude geflossen sind, tauchen transformiert woanders wieder auf. Die Architektur von Najjar Najjar ist immer im Fluss – dieser verbindet so verschiedene Projekte wie luxuriöse, großzügige Villen, kinetische Objekte und soziale Gebäude wie Nasma: diese prototypische Schule für Flüchtlingslager im Libanon wird aus lokalen Materialien kostengünstig hergestellt und schafft mit einem natürlichen Belüftungssystem auch ein angenehmes Klima.