Architekturführung im Wien Museum Neu

Nach dem enorm spannenden und beeindruckenden Vortrag von Roland Winkler und Klaudia Ruck am 13. April dieses Jahres konnten wir uns vor Nachfragen betreffend Führungen kaum erwehren. So groß war das Interesse auch an einer der raren Architekt*innenführungen im neuen „Wien Museum“ teilnehmen zu können. Am 20. Juni war es dann endlich soweit. Da das Wien Museum gerad erst „eingeräumt“ wird und die Vorbereitungen und Finalisierungsarbeiten für die Ausstellungen im ganzen Haus emsig betrieben werden, war es nur einer kleineren Gruppe möglich schon jetzt einen neugierigen Blick in diesen ganz besonderen Bau werfen zu dürfen. Arch. Roland Winkler und Arch. Ferdinand Certov waren dafür extra aus Klagenfurt bzw. Graz angereist und ermöglichten einen Einblick in die Herausforderungen der Implementierung des doppelten Volumens in ein denkmalgeschätztes Gebäude, die eine derart sensiblen Stadtlage mit sich bringt. Näheres dazu im Artikel „Das Prinzip des positiven Hoffnungsdrucks!“.

 

Der Eingangs-Pavillon am Beginn hat einige Fragen aufgeworfen – man darf gespannt sein, ob das Konzept des „bewusst funktionsfreien Raums“ tatsächlich die Aneignung der Karlplatznutzer*innen ermöglichen wird. Die Erhaltung und liebevolle Restaurierung des 1950er Ambientes im Entrée ladet ein diesen besonderen Ort entdecken zu wollen. Und mit Sicherheit wird der Blick von der Terrasse des „Fugengeschosses“ von der Karlskirche über den Karlsplatz bis zum Musikvereinssaal einer der neuen Hotspots in Wien werden. Die durch händisch gelegte, sägeraue Schalungsbretter samtig wirkende Oberfläche des neuen Sichtbetonbaues aus Weißzement, der das alte Atrium gekonnt zu einem zentralen Verbindungsraum umgestaltet und ergänzt, begeistert! Beeindruckend auch die Organisation des Gebäudes, die nicht nur alt und neu verbindet, sondern auch eine neue Durchlässigkeit schafft, die das Gebäude auch für die Öffentlichkeit neben dem Ausstellungsbetrieb zugänglich macht. Und über allem die „schwebende Blackbox“ für die Wechselausstellungen, wieder im samtigen Gewand des schalrauen Weißzements - ein konstruktives Meisterstück, das auch logistische Herausforderungen bravourös meisterte. Das Museum strahlt eine lässige und ruhige Atmosphäre aus, die Eichendielen duften und überall kleine, feine aber dezente Details der Sonderklasse. Der Museumsdirektor kann durch „Sicht-Scharten“ in das kommunikative Fugengeschoss vis á vis blicken und das Tageslicht flutet über die schräge Untersicht des obersten Ausstellungsgeschosses bis tief in den Zentralraum. Poldi, der Walfisch (der oder die ja eigentlich kein Fisch ist) hat kein Aquarium bekommen, sondern eine Kathedrale des Lichts. So muss modernes Museum sein! Und das neue Gewand des denkmalgeschützten Nachkriegsbaues – Oswald Haerdtl hätte seine Freude damit.

 

Unser ganz besonderer Dank gilt Roland Winkler und Ferdinand Certov für diese außergewöhnliche Führung, Direktor Matti Bunzl und Finanzdirektorin Christina Schwarz – nicht nur für die Ermöglichung der Führung, sondern ebenso für die Ermöglichung dieses besonderen Museumsbaues, sowie Pressesprecherin Konstanze Schäfer, die uns so freundlich und unendlich geduldig begleitet hat.  

 

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