"Wut & Mut“ – the next generation!

Zu den Vorträge von Nina Beck und Simon Mossbrugger

Immer weniger junge Architekt:innen wagen den Sprung in die Selbständigkeit. Was motiviert junge Kolleg:innem ihr eigenes Büro zu gründen? Und wie und wodurch wollen sie sich etablieren? Welche Rolle nehmen sie für eine sozial- und klimagerechtere (Um)Gestaltung der Umwelt ein? Welche Chancen liegen im verstärkten Zugang zum Handwerk durch das Weiterbauen von Bestand?

An die 150, mehrheitlich junge, Besucher:innen sind vergangenen Dienstag der Einladung von architektur in progress in den Laufen space in Wien gefolgt, um die Vorträge von Nina Beck (*1993) und Simon Moosbrugger (*1988)  zu erleben. Das Architekturbüro „Beck Nina“ ist seit Ende 2023 in Dornbirn tätig und fast zeitgleich startete  Simon Moosbrugger mit Bürostandorten in Wien und in Andelsbuch im Bregenzerwald.

Nina, die auch als Praxisdozentin an der Universität Liechtenstein im Bereich „Built Heritage & Upcycling“ arbeitet, hat sich mit viel Liebe zum Detail auf das Weiterentwickeln von Bestandsbauten spezialisiert. Sie sieht in der Weiterentwicklung von Gebäuden aus der Vergangenheit die Zukunft. Daher analysiert und arbeitet sie die Qualitäten der historischen Gebäude heraus, um diese dann zu sanieren und innovativ zu ergänzen. Und weil handwerkliche Qualität für viele kaum mehr leistbar ist und Professionisten oft den Abriss und Neubau empfehlen, weil „einfacher“ als zeitaufwändig den Bestand zu adaptieren, entstehen Ninas Projekte oft mit einer gehörigen Portion an Eigenleistungen seitens ihrer Bauherrinnen. Es erfordert oft Mut und wie Nina sagt „Naivität“, aber die Ergebnisse sind einzigartig und mittlerweile ein Markenzeichen der jungen Vorarlbergerin, die mit ihrem couragierten Vortrag das Publikum begeisterte. Sie lebt auch selbst in einem alten Haus, dass über einen wiederbelebten Holzofen geheizt wird, mit einer wunderschön getischlerten Küche, in der sie die Badezimmerfließen aus den 1970er Jahren, die sie im Keller entdeckte, stilvoll eingearbeitet hat. Und weil Küchen oft sehr kostenintensive Investitionen sind, hat sie mobile Küchenmöbel entwickelt, die sie im Falle eines Umzuges mitnehmen kann. Der Umbau ermöglicht die intensive Auseinandersetzung mit dem Bauwerk, viel Zeit vor Ort und eine enge Absprache mit den Ausführenden, aber gerade das macht ihre Arbeit so abwechslungsreich und spannend.

Genau diese Auseinandersetzung mit dem Handwerk fasziniert auch Simon Moosbrugger. Er arbeitet derzeit an Projekten in Vorarlberg, Salzburg und Wien und ihn reizt dieses Arbeiten in verschiedenen Kulturräumen, weil so zwischen den regional unterschiedlichen Handwerkstraditionen ein fruchtbarer Austausch entsteht. Diese Vielfalt bringt oft spannende Detaillösungen. In seinem Vortrag stellte er zwei Projekte gegenüber, die er beide im Bregenzerwald  realisieren konnte. Das eine war ein landwirtschaftliches Gebäude aus dem vorletzten Jahrhundert und das andere ein Frühwerk von Arch. Herman Kaufmann, aus den 1980er Jahren, das auf einer bestehenden, Tischlereigarage einfach aufgesetzt wurde.

Das Bauernhaus, das über die Zeit teils abenteuerliche Ergänzungen und Einbauten erhalten hatte, entschlackte er, um wieder schlichte, klare Räume zu schaffen. Vorhandene Oberflächen und Strukturen und damit die Identität des ursprünglichen Hauses, wurden erhalten und saniert. Dort, wo neue Räume wie etwa Sanitärzellen ergänzt wurden, wurde dies in einer schlichten, zeitgemäßen Gestaltung mit hohem, handwerklichem Anspruch stimmig eingefügt. Der ehemalige Stallbereich erforderte eine grundlegendere Erneuerung. Er dient auch als Raumreserve mit bereits vorgesehenen Durchgängen zum Wohnhaus, um hier schon das nächste Weiterbauen im Bestand zu ermöglichen.

Beim zweiten Projekt, dem Holzhaus aus dem 1980er Jahren, mussten die Feuchtigkeitsschäden, die sich über die Zeit eingestellt hatten, umfassend saniert werden. Dennoch konnte der ursprüngliche Charakter erhalten werden, denn die schönen Details wurden sensibel erhalten, aufgearbeitet und wo notwendig ergänzt. So wurde ein zeitgemäßer Standard erreicht, der dennoch die Qualitäten des Bestandes wertschätzend hochhält. Dies war möglich, weil der Bauherr, selbst Tischler, hier eng mit Simon Moosbrugger zusammenarbeitete und selbst Hand anlegte. So konnten auch die Details der neuen Ergänzungen in einer engen Zusammenarbeit zwischen Handwerker und Architekt entwickelt werden. Speziell die Rolle des Handwerks und dessen Bezug auf die Architektur interessiert nämlich Simon Moosbrugger ganz besonders und war eine wichtige Motivation für den Sprung in die Selbständigkeit. Und seit März 2025 setzt sich Simon Moosbrugger als Mitglied im Gestaltungsbeirat in der Gemeinde Langenegg im Bregenzerwald speziell für das Weiterbauen im ländlichen Raum ein.

Ein sehr beeindruckender Abend mit Nina und Simon, bei denen wir uns sehr herzlich bedanken möchten! Es scheint so, als wäre gerade der abwechslungsreiche Austausch mit dem Handwerk direkt am Bau und das Entdecken bestehender Qualitäten für junge Kolleg:innen sinnstiftender, als den ganzen Tag ausschließlich vor dem Computer zu sitzen.

Zurück