„Da mache ich es lieber selbst!“

Wie können Handwerk und Architektur wieder näher zusammenrücken?

Über 160 Besucher:innen sind am 9.9. in die alte Börse zu querkraft gekommen, um im Rahmen unserer Veranstaltung „crafting architecture“ zu erfahren, welche handwerklichen Skills bzw. welche Detailkompetenz und Kreativität in der Umsetzung notwendig sind, um innovatives und nachhaltiges Bauen zu ermöglichen.

Über Jahrtausende waren Architekten ausgebildete Handwerker. Das Berufsbild hat sich aber in den letzten Dekaden drastisch hin zu einer digitalen Kommunikation und weg von einem direkten Austausch verändert. Dem entgegen fordert die Bauwende und die dafür essenziellen Bereiche wie Reuse, Circular Building oder Weiterbauen im Bestand, sowie das klimagerechte Bauen mit ökologischen Materialien neue Strategien, kollektive Arbeitsweisen und handwerkliches Knowhow – insbesondere von Architekt:innen.

Wie das Arbeiten als Kollektiv zwischen Wien, Salzburg und Zürich Hand in Hand mit dem Handwerk funktionieren kann, zeigten Wolfgang Gruber und Herwig Pichler von jungen Kollektiv LOCI. Was mit kleineren, durchaus experimentellen Aufgaben im Weiterbauen familiärer Gebäudebestände begann, entwickelte sich zu einer fachübergreifenden Planungskompetenz für nachhaltiges Bauen, die z.B. am Beispiel des gerade in Fertigstellung befindlichen Campus Mayr Schulmöbel in Scharnstein unter Beweis gestellt wurde.

CaravanAtelier sind bewusst einen anderen Weg gegangen und agieren von ihrer Werkstatt in Krems aus als Handwerksbetrieb beispielsweise für Holzbau, Lehmbau, Stroh- oder Jutedämmung. Angelo Ferrara hatte es satt ständig mit Handwerkern zu diskutieren, die sich auf 0815-Standdards und Normausführungen beschränken. „Ich hatte keinen Sauerstoff mehr, um mit ihnen besondere Lösungen zu diskutieren“ sagte Angelo, da mache ich es lieber selbst!“. Seine Partnerin Viviana Schimmenti hat sich ebenso als Architektin zur Expertin für Stroh- und Lehmbau weiterentwickelt und produziert mit Naturfarben fantastische Textilen, die sie zu einzigartigen Raumausstattungen weiterverarbeitet. So zu sehen im ausgezeichneten Neubau der Windkraft Simonsfeld (juri troy architects). Caravan Atelier sind somit die perfekten Ausführungspartner für Architekt:innen, die nachhaltige und innovative Bauweisen, abseits der industriellen Fertigung, umsetzen wollen.

In einer sehr lebendigen Diskussion im Anschluss an die Vorträge haben auch Jury Troy und Alexander Hagner (gaupenraub +/-) als Lehrende auf Fachhochschulen und Universitäten bekräftigt, dass hier auch die Architekturausbildung reagieren muss. Die Digitalisierung braucht als Gegengewicht wieder mehr handwerkliche Kompetenzen und Austausch in der Planung. KI mag in Zukunft Grundrisse besser optimieren und BIM noch effizienter beherrschen. Die Zukunft der Architekturplanung liegt im Weiterbauen im Bestand, im Umbau, in nachhaltigen Bauweisen und dort, wo Innovation und Weiterentwicklung von Details nicht automatisiert, sondern mit handwerklichem Verständnis entwickelt werden muss. Der/die Architekt:in als „homo faber“.

“HOMO FABER : If I draw it, I can build it”

CaravanAtelier

CaravanAtelier Baukunst wurde 2018 von Viviana Schimmenti und Angelo Ferrara gegründet, die bereits eine langjährige Partnerschaft verbindet. Sie betreiben ein Werkstattatelier in Krems an der Donau. Das multidisziplinäre Studio vereint Architektur, Kunst, Design und Handwerk unter einem Dach. Die beiden Architektinnen und Gründerinnen und ihr Kreativteam verbinden ihre Leidenschaft für Design mit ihrer Liebe zu natürlichen Materialien. Was sie entwerfen, schaffen sie mit ihren eigenen Händen und verwenden dabei nachhaltige und regionale Materialien. Sie Bauen mit Holz, Stroh und Lehm und färben die Textilien ihres Interior Designs selbst. So entstand beispielsweise in enger Kooperation mit juri troy architects der vielfach ausgezeichnete „Strohfloh“ im Schlosspark in Murstetten. Ebenso arbeiteten sie mit Juri Troy an der preisgekrönten Erweiterung der Zentrale der Windkraft Simonsfeld in NÖ mit. Und sie teilen ihr Wissen, wie beispielsweise diesen Sommer in einem Workshops im Rahmen der Basehabitat Summerschool.

In ihrem Vortrag erzählen sie darüber, wie sich die Beziehung zwischen Architektur und Handwerk entwickelt hat. Nämlich von einer Zusammenarbeit hin zu einer reinen Kommunikation. Und wie sie diese Entwicklung dazu veranlasst hat, den neuen Weg als Architekten-Handwerker einzuschlagen.

“Architektur ohne Ego”

LOCI

LOCI ist ein Kollektiv mit dem Anspruch, ganzheitlich klimagerechte und zeitlose Architektur zu schaffen.

Gegründet 2022 in Wien, Salzburg und Zürich, arbeitet LOCI konsequent aus einer gemeinsamen Haltung heraus, die den Kern jedes Projekts bildet. Architektur wird dabei als kollaborativer und kooperativer Prozess verstanden, frei von Egos und gestalterischen Dogmen. Im Fokus steht das materialgerechte Bauen mit natürlichen, regenerativen Baustoffen – allen voran Holz.

LOCI versteht Architektur als offenen Prozess, geprägt von Zusammenarbeit, Dialog und gegenseitigem Vertrauen. Die eigene Rolle als Architekturschaffende wird fortlaufend hinterfragt und in jedem Projekt nach einer Balance aus Verantwortung, Haltung und gestalterischer Präzision gesucht.

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